Niedrige, teilweise negative Zinsen, aber steigende Inflation? Wie passt das zusammen? Und vor allem: Ist es nur ein vorübergehendes Phänomen oder eine ernsthafte Gefahr? Wohin geht die Reise? Wir haben mit Prof. Dr. Jan Viebig von ODDO BHF Asset Management darüber gesprochen und um seine Einschätzung gebeten.

Anleger haben es aktuell nicht leicht. Die Inflationswerte sind gestiegen. Gleichzeitig geben die Banken den Minuszins an die Anleger weiter. Die spannende Frage ist nun, wohin die Reise geht. Wir haben Herrn Prof. Dr. Jan Viebig von ODDO BHF Asset Management um seine Einschätzung gebeten.Anleger haben es aktuell nicht leicht. Die Inflationswerte sind gestiegen. Gleichzeitig geben die Banken den Minuszins an die Anleger weiter. Die spannende Frage ist nun, wohin die Reise geht. Wir haben Herrn Prof. Dr. Jan Viebig von ODDO BHF Asset Management um seine Einschätzung gebeten.

Herr Prof. Viebig, die jüngsten Inflationszahlen sind außergewöhnlich hoch. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe dafür? Ist ein Rückgang zu erwarten?
Wir alle haben im letzten Jahr auf vieles verzichtet: Reisen, Restaurantbesuche, unter Umständen den Kauf eines neuen Autos. Mit dem weltweiten Wiederanlaufen der Wirtschaft steigt die Nachfrage nach diesen und anderen Gütern wieder an. Das treibt wie nach jeder Krise die Inflation an. Lieferengpässe zum Beispiel bei Halbleitern, aber auch bei Bauholz gehen mit steigenden Verbraucherpreisen einher. Auch bei den Löhnen kommt es jetzt zu Steigerungen, da sich die Unternehmen schwertun, ihren Personalbestand schnell wieder aufzustocken. In den USA droht durch die enormen Stimulus-Maßnahmen eine Überhitzung der Volkswirtschaft, was zur weiteren Verunsicherung der Anleger beiträgt. Wir erwarten für die USA in diesem Jahr daher ein überschießendes Wachstum von 6,4 %, das sich im Folgejahr auf 3,5 % abschwächen sollte. Dann dürften auch die Inflationszahlen wieder zurückgehen. Auf lange Sicht ist Inflation aber kein Thema, da das Wachstum aufgrund langfristiger Trends wie technologischen Innovationen, die zu mehr Produktivität und Wettbewerb führen, einer alternden Bevölkerung und hoher Sparquoten tendenziell niedrig bleibt.

Jüngst hat die Fed die Zinsen unverändert gelassen. Gleichzeitig gibt sie bis zum Jahr 2023 Raum für zwei Zinserhöhungen. Auch am langfristigen Ende der Zinsstrukturkurve gibt es bereits leichte Erhöhungen. Wie schätzen Sie das ein?
Die Federal Reserve Bank glaubt, dass der hohe Anstieg der Inflation transitorischer Natur ist. Zudem weist sie darauf hin, dass über 7 Millionen Arbeitsplätze infolge der Corona-Krise verloren gegangen sind. Der Stellenaufbau nach der Krise verläuft langsam, deshalb ist es aus Sicht der Fed sinnvoll, die Volkswirtschaft weiter zu stimulieren. Die Fed wird nun beginnen, über den Ausstieg aus dem Anleihenkaufprogramm in Höhe von 120 Mrd. US-Dollar im Monat zu diskutieren. Die ersten Zinserhöhungen von vermutlich insgesamt 50 Basispunkten in zwei Schritten werden erst für 2023 erwartet.

Was bedeutet das für Anleger? Steigen die Zinsen, gibt es Verluste im Anleihenbereich. Keine guten Aussichten.
Richtig, die in den 80er-Jahren einsetzende Periode stetig fallender Zinsen ist vermutlich vorbei. Mit Staatsanleihen ist wenig Geld zu verdienen. Und das wird auch so bleiben. Wer in Anleihen investieren möchte oder muss, sollte kurze Durationen bevorzugen und Kreditrisiken sorgfältig analysieren. 

In puncto Anleihenaufkäufe will die Fed weitermachen. Also alles wie gehabt?
Nun, zumindest hat die Fed damit begonnen, über das Zurückfahren dieser Programme nachzudenken. Je konkreter diese Überlegungen werden, desto mehr Auswirkungen wird das auf Investoren und die globalen Kapitalmärkte haben. 

Wie schätzen Sie demgegenüber das Vorgehen der Europäischen Zentralbank (EZB) ein? Gibt es überhaupt eine Alternative zu weiterhin niedrigen Zinsen auf sehr lange Sicht?
Auch in Europa ist wie in den USA damit zu rechnen, dass die Inflation kurzfristig über die EZB-Zielmarke von 2 % hinausschießt. Hierfür sind aber auch Sonderfaktoren verantwortlich wie die nur kurzfristige Reduzierung der Mehrwertsteuer in Deutschland und die Einführung von CO2-Steuern. Auf lange Sicht erwarten wir, dass die Inflation auch in Europa unter der Zielmarke von 2 % bleiben wird.

Was können Anleger konkret tun, um ihr Vermögen zu schützen bzw. zumindest eine Rendite zu erzielen, die nach Abzug der Inflation wenigstens nicht negativ ist?
Nur die Beteiligung an Realwerten schützt auf lange Sicht vor Vermögensverlusten. Seit seinem Start im Jahr 1969 weist der MSCI World eine jährliche Durchschnittsrendite von 10,5 % auf. An Unternehmensbeteiligungen, sei es in Form von Aktien oder Private Equity, kommen langfristig orientierte Anleger also nicht vorbei. Immobilien und Rohstoffe eignen sich dann zur Diversifikation des Gesamtportfolios.

Lassen Sie uns über Gold sprechen. Gold ist als Anlageklasse sehr volatil. Wie sollte es Ihrer Meinung nach aktuell eingesetzt werden? Wie hoch sollte eine Beimischung von Gold ausfallen?
Auf lange Sicht ist Gold ein guter Stabilitätsanker für das Portfolio: Gold ist eine Absicherung gegen Inflation und ein Schutz vor schlechter Geldpolitik. Aus quantitativer Sicht ist eine Quote von 9,4 % für ein reines Aktienportfolio passend. Aber auch der Goldpreis kann zeitweise überschießen. Aktuell halten wir daher eine Goldquote von 4,5 % für angemessen. Wenn das Wachstum wie aktuell hoch ist, entwickeln sich Rohstoffe wie Kupfer und Öl allerdings besser als Gold.

Thema Aktien: Aktuell gibt es viele kritische Stimmen, die auf vermeintlich überhöhte Kursstände hinweisen. Auf der anderen Seite gibt es aber kaum sinnvolle Alternativen, sodass die Nachfrage nach Aktien tendenziell weiter steigen könnte. Wie sehen Sie das? 
Nach den bekannten Bewertungsmaßstäben wie der Shiller P/E Ratio und dem Warren-Buffet-Indikator sind Aktien historisch hoch bewertet. Der Grund dafür ist die lose Geldpolitik der Notenbanken. Übertreibungen wie bei Tesla und die Spekulation um die GameStop-Aktien sind erste Warnzeichen. Die Erfahrung zeigt, dass bei solchen Aktienständen die Gefahr von Rückschlägen steigt. Mehr denn je kommt es darauf an, sich auf Qualität zu konzentrieren: Gemeint sind Firmen, die hohe Kapitalrenditen, klar definierte Wettbewerbsvorteile, strukturell hohe Wachstumsraten und eine angemessene Bewertung aufweisen. Meiden sollte man dagegen Unternehmen mit hohen Kreditrisiken und geringen Eigenkapitalrenditen.

Wie beurteilen Sie die Unterschiede zwischen Aktien in den USA, den europäischen Aktien und den Aktien der Emerging Markets, insbesondere Asien?
US-Aktien sind erheblich teurer als ihre Pendants in Europa. Das Wiederanlaufen der Wirtschaft wird vor allem die in den europäischen Aktienindizes stark vertretenen Zykliker begünstigen. Aktuell favorisieren wir daher Europa gegenüber den USA. In den Emerging Markets konzentrieren wir uns auf einige wenige Qualitätsunternehmen in Asien. Auch über europäische Qualitätsunternehmen mit viel Geschäft in dieser Region kann man von den hohen Wachstumschancen in Asien profitieren.

Herr Prof. Dr. Viebig, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch.

Welche Anlagemöglichkeiten gibt es im aktuellen Niedrigzinsumfeld für den konservativen Anleger?

Wir möchten Ihnen nachfolgend einige Fonds empfehlen, die in der aktuellen Niedrigzinsphase als Kurzläufer eingesetzt werden können:

– DWS Euro Flexizins NC (WKN: 847423)
– DWS Euro Ultra Short Fixed Income Fund NC (WKN: 986967)
– Rücklagenfonds R (WKN: A1JRP8)

Vorteile der oben genannten Fonds:
+ kein Ausgabeaufschlag
+ keine festen Laufzeiten
+ tägliche Verfügbarkeit
+ Sondervermögen

– DPAM L Bonds Government Sustainable Hedged A (WKN: A0PDRS)
– Raiffeisen-Euro-Rent (R) (A) (WKN: 926452)
– Nordea 1 – European Covered Bond Fund BP-EUR (WKN: 986135)

Neben reinen Fondslösungen können für Anlagezeiträume ab drei Jahren auch Vermögensverwaltungen interessant sein:
– PRIVATE INVESTING Defensiv – zum Factsheet
– BfV Protect – zum Factsheet

 

Kommen Sie bei Fragen und Anregungen gerne auf das Team von Investment Research zu.